Sylvester liegt hinter uns, jetzt geht es wieder los. 2005: noch eineinhalb Jahre und dann ist Schluss mit dem ganzen Lehre-Kram!!! Ist mir über Weihnachten bewusste geworden. Auch, dass ich unterdessen schon ein dreiviertel Jahr in diesem beschissenen Betrieb arbeite. Groteskerweise freue ich mich mal wieder drauf arbeiten zu gehen. Ich meine, das muss differenziert werden: ich freue mich auf die Arbeit an sich (klar könnte ich auch noch weiter frei haben), aber ich freu mich nicht auf den Betrieb, auf meinen Chef und seine Allüren und auch nicht auf die Rumkommandiererei. Aber meine Kolleginnen, das ist schön die wieder zu sehen. Ich habe auch viel zu erzählen. Sylvester war gnadenlos. Von Donnerstag zu Freitag, den 31.12.2004 übernachtete ich bei meinem Ex-Freund... Sowas sollte man nicht machen, aber ich musste doch noch den Campingkocher holen und dann war es schon so spät und ich so müde, dass ich mich unmöglich wieder auf's Fahhrad setzen konnte, um Heim zu fahren. Also schlief ich bei ihm auf der Couch, wo ich mich total verlegen und zwischendurch zutiefst gefroren habe, bis er dann eine halbe Stunde bevor ich aufstehen wollte mit seinem Bettzeug runter kam (er hat ein Hochbett). Kurz nach sieben bin ich dann losgeradelt, um pünktlich vor unserer Sylvesterwanderung zu Hause zu sein und noch ganz gechillt zu frühstücken (leider gab es weder Eier im Kühlschrank, noch hatte ich Butter da). Die Wanderung artete auch tatsächlich in eine Wanderung aus, nicht nur so'n Spaziergang, wie ich das vermutet hatte. Zwischendurch gab's natürlich immer wieder Grog zu trinken, da es nicht wirklich warm war -> es lag sogar richtig viel Schnee! Zum wohlverdienten Mittag war dann Erbsensuppe angesagt. Verfeinert mit Wiener war es ein Festmahl. Lustig war, dass wir die Luft mit unserem Kocher so erwärmt haben, dass die Birke, unter der wir unser Lager aufgeschlagen hatten, ihren ganzen Schnee dröppelweise auf uns abgeschüttelt hat, welcher in der Suppe, oder im Rucksack, oder im Nacken landete. Trotz erschwerter Bedingungen für mich (ich habe keine Wanderschuhe mehr, was mir erst frierend in der Nacht zu Freitag einfiel), denn ich musste meine Sportschuhe nehmen, was ganz schön rutschrig war, war es doch ein sehr sehr schöner Ausflug. Hier wieder angekommen war ich ganz schön fertig und so richtig nicht mehr in Stimmung auf viel Party, was dann allerdings keine Berücksichtigung mehr finden konnte, denn ich musste erschreckt feststellen, dass ich mich etwas in der zeit verplant hatte und mein Zug eine halbe Stunde eher fuhr, als gedacht. Also musste ich ganz fix duschen, meinen Rucksack zusammenfeuern und wieder losrauschen. Im Zug hatte ich ein bisschen eine Krise, wegen meinem besten Freund, plötzlich wollte ich ganz dringend nach Hause zu ihm und ich fragte mich, was ich überhaupt in einer anderen Stadt Sylvester feiere -> ich kam mir fast verlassen vor und habe ein bisschen geweint. Als ich endlich nach einer Stunde und achtunddreißig Minuten ankam, ging ich sogar zur Information, um herauszufinden wann der nächste Zug nach hause fährt. Hätte er nur ein Wort gesagt, ich wäre auf der Stelle zurückgefahren. Er sagte aber nichts. Und so kam es, dass ich kurz nach 19.00 vor dem Bahnhof stand und nach der Straßenbahn suchte, die zu Bernhard fährt. Natürlich wusste ich es nicht mehr, weshalb ich Bernhard anrufen musste, um dann festzustellen, dass ich die Haltestelle, wo ich aussteigen muss nicht wusste und viel zu weit gefahren bin, worauf ich mich auf meine Füße besinnen musste, die mich dann innerhalb einer halben Stunde endlich zur Party getragen haben. Ich hatte echt schon Angst, dass vielleicht nur Pärchen da sind, oder nur Frauen, oder weiß der Geier. Dem war dann aber Gott sei Dank nicht so und ich wurde schon mit den Worten begrüßt, man hätte mich schon am Bahnhof gesehen. Ich verlangte dann auch erstmal nach einem Bier, was mir Bernhard auch prompt lieferte und unterhielt mich prächtig mit den Leuten. Mir war zu Beginn schon ein Typ ins Auge gestochen: dunkle Haare, Bärtchen, schöne Gestalt. Ich trank noch ein Bier und noch eins und aß dann auch mal ein paar Chicken-Wings, bis dann Bernahrd mit Tequilla ankam, worauf ich auch zwei trank und dann der tolle Typ mit so'nem Edelgesöff (Jonny Walker oder so) aufkreuzte und ich auch da mehrmals mein Glas füllen ließ und immer wieder schön Bier. Bis dann plötzlich alle bis auf ich und der Typ in der Küche waren. Tja, und wie kann es anders sein, er kam auf meine Couch gerutscht, ich legte in einem Anfall von Schwäche meinen Kopf an seine Schulter und dann küssten wir uns auch schon, bis dann die anderen kamen und meinten wir sollten doch mal zu den Italienern runter gehen. Beim Aufstehen hatte ich schon Probleme. Das Treppenhaus hätte ich ohne dem Typen wohl schon nicht mehr gemeistert, aber tapfer wie ich bin musste ich ja mit runter. Unten angekommen war mir dann schon furchtbar schlecht und ich wusste nicht mehr was richtig geht. Ich weiß nur noch, dass wir da auf dem Balkon standen und die Bratwürste grillten. Und dann fiel ich um. Der Typ hockte sich gleich neben mich und fragte, ob ich lieber zur Toilette möchte (zugegeben, ich sagte ja, denn es war schon ziemlich böse). Also half er mir aufstehen und fing an wild durch die Wohnung der Italiener zu stürzen, denn er wusste ja nicht wo das Badezimmer war. Endlich gefunden ließ er mich an der Wand vor dem Klo runterrutschen, hockte sich wiederrum neben mich und Wunder über Wunder ging es mir von Atemzug zu Atemzug besser. Um Null Uhr war ich sogar schon wieder richtig fit und konnte, wie ich es mir vorgestellt hatte, Böller von Bernhard's Balkon auf den Hinterhof schmeißen. Angestoßen habe ich dann allerdings auch nur noch mit Wasser. Ich muss sagen, die anderen waren rührend um mich bemüht und als es mir wieder gut war, fing der Alkohol bei den anderen langsam zu wirken an. Dazu muss ich allerdings bemerken, dass sich nach meinem Wissen niemand übergeben hat. Geschlafen habe ich dann mit dem tollen Typen in einem unbeheizten Zimmer in Bernhard's Wohnung. Bernhard und er hievten extra noch eine Couch rein. Es ist nichts passiert, außer so'n bisschen küssen und streicheln, wobei er aktiver war und ich schon dachte, mensch, gegen deinen Ex-Freund hat der richtig was drauf, was die Kunst der Frauenverführung angeht. Aber ich war müde und ich wollte auch nicht mehr und da unterhielten wir uns noch so eine Weile, bis dann Bernhard am nächsten Morgen um halb elfe an die Tür donnerte und uns zum Frühstück rief. Nach dem Frühstück war es noch so relaxed, dass der Typ dablieb und wir bis gegen halb fünf noch mit Bernhard und seiner Freundin fern sahen. Dann ging ich mit dem Typen mit. Ich weiß nicht, aber ich wollte nicht nach Hause. Eigentlich wollte ich auch nicht mit dem Typen mit, aber ich wollte auch um keinen Preis nach hause fahren. Und da ich wusste, dass der Typ der beste Kumpel von dem Typen ist, der mich schon am Bahnhof gesehen hatte, und nur bei ihm übernachtet, da er in Karlsruhe wohnt, konnte ich ohne Bedenken mitgehen. Die Wohnung seines Kumpels da war dann schon sehr krass: so total auf Feng Shui eingerichtet. Öffnen tat uns ein Simon. Der Simon war auch ganz schön abgefahren. Groß und zart und umarmte mich gleich. Den Abend verbrachten wir dann in der Küche, wo Simon wirklich lecker kochte und nachher noch Film schauend in einem Zimmer eines anderen Mitbewohners. Später ist mir dann aufgefallen, dass der Kumpel von dem tollen Typen ganz schön nett ist und wir uns wirklich fantastisch unterhalten konnten. Ich muss Bernhard wohl mal auf seine Telefonnummer ansprechen -> nicht dass ich was von ihm will, ich fand es einfach sehr nett mit ihm. Wir haben uns eine ganze Weile allein unterhalten. Naja und heute bin ich dann nach hause gefahren. Der tolle Typ musste auch wieder weg und wir sind noch zusammen zum Bahnhof. Ich war ziemlich ätzend: ich habe ihn einfach so stehen lassen. UIch glaube der hat sich schon wirklich was versprochen. Und höchstwahrscheinlich war ich auch schon etwas zu vertraulich mit ihm. Betrunken sein ist da keine Ausrede, oder?! Vielleicht wäre er auch wirklich gut für mich, denn er ist 27, hat einen festen Job als Elektroinstallateur und würde mir einen Hafen geben. Aber ist es das was ich wirklich will??? Ich muss mich bei ihm entschuldigen, das steht fest. Mehr kann ich allerdings auch nicht tun. Ich meine, es ist schon ganz schön ätzend wie ich immer vor allem wegrenne, aber ich habe es nunmal wieder getan. Und ich bewundere solche Leute wie Simon, die so eins mit sich und der Welt sind. Als wir uns verabschieden gingen stand er gerade am Fenster und hörte Hörbuch. Er umarmte mich wieder. Ich glaube ich habe noch nie so'ne Umarmung empfangen, so unaufdringlich, so zart und doch so voll von Energie. Schon fantastisch. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, wegen der ganzen Wohnung, aber es war schon seltsam.
So, und jetzt werde ich noch Stullen für morgen schmieren und dann Planet der Affen sehen. Bis dann morgen der Alltag wieder beginnt.
lantana camara - 2. Jan, 19:37