11
Apr
2005

Sonne, Bus und Straßenbahn

Sind es die Hormone oder vielleicht das Wetter oder vielleicht von beidem ein bisschen, jedenfalls war heute ein guter Tag. Ich besuchte den Betrieb von Freitag nochmal, wo weder Chef noch Chefin da waren. Und weil heute morgen noch so schlechtes Wetter war fuhr ich mit dem Bus, also besser mit der Bahn, hinzu jedenfalls (dreiviertel Stunde) und zurück mit dem Bus (genau eine Stunde). Ich fahre die Strecke gerne mal mit dem Bus nach Hause, weil man da echt unheimlich viel sieht und mal die Gegend kennenlernt. Und da ich ja Zeit habe...
Da gibt es zwei nebeneinanderstehende Häuser, das eine sieht aus wie der Himmelblau und das andere wie Himbeereis. Die sind mir damals, als ich Fahrschule machte, schon immer aufgefallen. Und diese riesig weite Kreuzung, wo ich eine Berganfahrt machen musste und auf der Stelle wenden. Diese Kreuzung ist mir heute zum ersten Mal richtig wieder aufgefallen. Es war ganz komisch, weil ich annahm, dass ich von dieser Kreuzung immer nur geträumt hätte. Und nun muss ich feststellen, dass es sie tatsächlich gibt! Das war schon eigenartig, fast erschreckend. Fast so erschreckend, dass ich irgendeinen gurgelnden Laut von mir gab, woraufhin mich eine ältere Frau bestürzt ansah. Das ist so'ne Straße wie in diesen amerikanischen Filmen, wo die bösen Typen von Polizeiautos verfolgt werden. (Bei diesen Verfolgungsjagden schlief ich regelmäßig ein, aber mein Bruder liebte solche Filme.)
Da der Bus nicht bis zu mir fährt und das Wetter zum draußen verweilen einlud, ging ich den Rest des Weges zu Fuß. Ich lief anders als sonst und kam in Straßen, die ich nie zuvor bemerkt hatte. Und ich stellte mir vor, wie es wäre in solch einem Haus auf solch einer Straße zu wohnen, wo es so ruhig war, dass man nachts sicher das Fenster offen lassen könnte. Und so dachte ich über die Vor- und Nachteile eines Umzugs nach und dass ich mein Leben nie wieder nach einem Mann richten werde. Sowas, ich meine, ich hege eine kleine Schwäche für den Mitbewohner von Thoralf. Allerdings habe ich auch die Anwandlung für Karli nachts aufzustehen und in Schlafzeug und Pullover rauszurennen (und nebenbei bemerkt erbärmlich zu frieren), um ihm Grünzeug zu pflücken (was gefrostet ist), weil ich mir am Abend einbildete, er sei dünn. Das würde ich für den Mitbewohner von Thoralf nicht machen, vorausgesetzt er wäre ein Meerschwein, was er ja nicht ist, selbstverständlich. Und Miguel (nein, er ist auch kein Meerschwein!)? Für ihn würde ich den Äquator rückwärts umrunden. Total bekloppt, zumal ich nur ein holpriges Spanisch spreche und er total auf Englisch steht. Allerdings bin ich glücklich berühert: ich wusste noch, dass Helm auf Spanisch el casco heißt (ich weiß noch, wir mussten einen Dialog entwerfen, wo es darum ging unsere Eltern zu überzeugen, dass die Fahrt mit 'la moto' zum Strand gar nicht so peligroso ist, wie sie dachten). Ja, und er bemerkte es gar nicht, dabei war meine Aussprache echt noch gut! Irgendwann kommt so'n 'girl' und swusch war er weg...
Als ich hier zu Hause ankam, war ich froh wie es ist: glücklich hier zu leben.
Und ich dachte über meine Situation nach (vielleicht sieht man einfach alles ein bisschen verklärter, wenn man hungrig ist und die Sonne warm auf die nackten Arme scheint) und darüber, dass ich eigentlich nochmal Glück gehabt habe. Ich bin raus da, ich bin mir treu geblieben und ich kann mich wieder als freier Mensch bewegen, das ist doch auch was!

Nach dem Mittag (unterdessen war es gegen vier Uhr nachmittags) war ich noch in dem fetten Einkaufszentrum an der Autobahn. Ich musste noch Dropse und Einstreu für Karli besorgen (manchmal komme ich mir schon selbst ein bisschen absonderlich vor, dass ich meilenweit mit dem Fahrrad fahre, nur um Karli seine Lieblingsdropse zu verschaffen, weil Einstreu gibt es fast überall).
Auf der Hinfahrt fuhr ich komischerweise ganz verquer, also nicht falsch, aber auch nicht so richtig (ich habe ein Problem mit der Orientierung) und dabei kenne ich den Weg unterdessen schon recht gut, vor allem weil es eigentlich nur geradeaus geht. Naja, jedenfalls überholte mich ein Motorradfahrer, ich war gerade sehr in Gedanken, und als der schon weg war dachte ich plötzlich, dass es hätte Miguel sein können. Es muss nicht sein, aber es hätte sein können.
Neben dem Einstreu und den Dropsen kaufte ich auch noch sehr teures extra gutes Futter für Karli und natürlich bekam ich nicht alles in die Tasche: hiermit verwünsche ich es, dass ich in einer pupertären Phase den Gepäckträger an meinem Fahrrad entfernt habe! Ich klemmte diese 56 Liter Packung unter meinen linken Arm, wobei die erste Schwierigkeit im Aufsteigen bestand (ich fahre ein Herrenmodell) und rollte los. Weil es so warm war, hatte ich meine Pullover schon ausgezogen (einen hatte ich noch nicht mal an, nur mit) und um meine Tasche gebendelt. An vielen Kreuzungen musste ich halten und bis zu einer ging auch alles gut. Ich musste wieder stehen bleiben und auf grün warten. Nach einer kleinen Unendlichkeit wurde auch grün und ich 'rauschte' los, so gut es eben ging, mit so'nem Paket unterm Arm. Schreck lass nach, bemerkte ich schon ein Schlurfen und schwupps hatte sich dieser Pullover, den ich sowieso nicht anhatte, von der Tasche gelöst und lag nun mitten auf der Straße. Ja, erstmal absteigen, dann das Fahrrad hinlegen, weil ich das Einstreu an den Lenker hing (weiß der Teufel) und es keinen Halt mehr fand, sozusagen sein Gleichgewicht verloren hatte (vielleicht liegt es auch an dem Ständer, der mal wieder nachgezogen werden müsste). Es war noch grün! Ich flizte los, es wurde rot, hob meinen unsäglichen Pullover auf (ich muss sagen, es gab ein schönes Bild: der weißliche Pullover auf dem warmen Asphalt und rundherum stampfemde Automotoren), es hupte jemand von hinten aus der Schlange,ich wendete auf der Stelle und rannte an die sichere Seite zurück. Den rest des Weges ließ ich ohne Zwischenfälle hinter mir. Ok, meine Mutter rief noch an und ich hielt unbedachterweise ohne zu kucken auf dem Fahrradweg, so dass mich fast noch einer kollidiert hätte, der mich darauf als nicht ganz dicht beschimpfte (er drehte sich dazu extra nochmal um).

Morgen früh um neun habe ich einen Vorstellungstermin!

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